Das Wichtigste in Kürze:
- Forschungseinrichtungen, Umweltverbände und die Verbraucherzentralen aktualisieren die gemeinsame Liste „Guter Fisch“ für bewussten Einkauf von Meeresfisch.
- Nur noch neun Arten sind uneingeschränkt zu empfehlen, leider keine Heringe oder Wildlachs mehr.
- Für eine gute Wahl sollten Verbraucher*innen, Händler*innen und Restaurantbetreiber*innen vorrangig Fische und Muscheln kaufen, die mit der Liste übereinstimmen.
Weihnachten steht vor der Tür und damit auch die Frage nach dem Festessen. Gerade Fisch ist beliebt, doch „guter Fisch“ ist immer seltener zu haben. Überfischung, Zerstörung von Lebensräumen und hohe Beifangmengen sorgen dafür, dass die nachhaltige Wahl beim Einkauf immer schwerer fällt. Deshalb haben die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH), das GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, der Naturschutzbund Deutschland e. V. (NABU), der World Wide Fund For Nature (WWF) und die Verbraucherzentralen die gemeinsame Liste „Guter Fisch“ aktualisiert.
Die „Guter Fisch“-Liste ist abermals kürzer geworden: Nur noch neun Arten stehen als uneingeschränkt zu empfehlen auf der Liste, dazu drei weitere Arten als bedingt empfehlenswert. Auf der Liste finden sich allerdings weiterhin regionale Plattfische wie Scholle, Kliesche und Flunder aus der Ostsee, dazu ausgewählte Bestände von Thunfisch, Seelachs, Stöcker und Miesmuscheln und erstmals der Schellfisch. Anlass zur Sorge bieten Wildlachs und Hering, sodass nur noch je ein Bestand bedingt empfohlen werden kann. Für alle Empfehlungen gilt, dass sie mit den in der Liste beschriebenen Fangmethoden gefangen werden müssen.
Nachdem im letzten Jahr schon Makrele und Sprotte von der Liste entfernt werden mussten, hat sich nun der Zustand der Heringsbestände deutlich verschlechtert. Heringe aus der Nordsee und der nördlichen Irischen See sollten überhaupt nicht mehr verzehrt werden, Ostseeheringe aus dem Golf von Riga sind nur noch bedingt empfehlenswert. Auch die einst empfehlenswerten Lachsbestände in Alaska geben Anlass zur Sorge, sodass Rotlachs nicht mehr und Ketalachs nur noch bedingt empfehlenswert ist.
Dr. Rainer Froese, Meeresökologe und Fischereiwissenschaftler am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, erklärt: „Leider wird es immer schwieriger, nachhaltige Bestände für die ‚Guter Fisch‘-Liste zu finden, denn die Überfischung unserer Meere hält an. Ein trauriges Beispiel ist der Nordseehering: Schon im letzten Jahr stand er nur als ‚bedingt empfehlenswert‘ auf der Liste und trotzdem sind die Fänge erneut viel zu hoch. Der Bestand schrumpfte weiter und musste folglich komplett von der Liste gestrichen werden.“
Isabel Seeger, Fachreferentin Meeresschutz bei der Deutschen Umwelthilfe, erläutert: „Zusätzlich zu der anhaltenden Überfischung setzen Sauerstoffmangel und die Klimakrise den Fischbeständen zu. Der schlechte Umweltzustand der Meere behindert auch die Erholung von schon überfischten Beständen, wie zum Beispiel dem dezimierten Ostseedorsch, einem der einstigen ‚Brotfische‘ unserer Ostseefischerei.“
Dr. Kim Detloff, NABU-Leiter Meeresschutz, fordert: „Fischpopulationen kollabieren, Fischereibetriebe geben auf. Die Fischereipolitik der letzten Jahre ist gescheitert. Wir brauchen endlich ein ökosystembasiertes Fischereimanagement, ausgerichtet auf Nachhaltigkeit und Qualität statt auf kurzfristige wirtschaftliche Interessen. Wenn ,Guter Fisch‘ auf den Tellern landet, dann leisten Verbraucher*innen hierbei einen wichtigen Beitrag.“
Dr. Philipp Kanstinger, WWF Fischereiexperte, fügt hinzu: „Es ist besorgniserregend, dass keine Heringe, Sprotten und Makrelen mehr uneingeschränkt zu empfehlen sind. In einem gesunden Ökosystem wären diese kleinen Schwarmfische reichlich vorhanden und damit sowohl eine nachhaltige Wahl für Verbraucher*innen, als auch Nahrungsgrundlage für Seevögel, Schweinswale, Robben und größere Fische, die auf sie als Nahrung angewiesen sind. Stattdessen werden diese Arten weiter überfischt, wobei die Fänge oftmals als Fischmehl an Nutztiere verfüttert werden.“
Die Nachfrage entscheidet mit, was der Markt liefert. Nachhaltige Kaufentscheidungen können deshalb helfen, die Umweltverträglichkeit der Fischerei zu beeinflussen. Auf Anfrage bei den wichtigsten Händlern und Anbietern von Fischprodukten antworteten Rewe und Edeka, dass sie einige Thunfisch-Konserven im Sortiment haben, die die Kriterien der „Guter Fisch“-Liste erfüllen. Netto führt in einem Tiefkühlprodukt den bedingt empfehlenswerten Ketalachs, Frosta verwies auf einige Alaska Seelachs-Angebote, die die Vorgaben zum allergrößten Teil einhalten.
Dr. Britta Schautz, Expertin für Lebensmittel und Ernährung der Verbraucherzentrale Berlin: „Viele Verbraucher*innen essen gerne Fisch und kennen auch allgemein das Problem der Überfischung. Aber es fehlt ihnen an konkreten Hinweisen, welche Bestände davon betroffen sind. Mit Hilfe dieser Liste kann jeder einfach selbst entscheiden, welcher Fisch noch zu Weihnachten auf dem Tisch landen kann.“
So funktioniert die Liste
Für unverarbeiteten Fisch und Tiefkühlprodukte sind Angaben zu Fischart, Fangmethode und Fanggebiet verpflichtend. Diese sollten genau mit der Liste verglichen werden, damit am Ende kein Fisch aus einem stark bedrohten Bestand im Einkaufswagen landet. Allerdings ist die gesetzlich vorgeschriebene Kennzeichnung nicht immer ausreichend detailliert, um bewerten zu können, ob ein Produkt „guter Fisch“ ist. Im Zweifel ist eine gezielte Nachfrage zu empfehlen.
Neben der Herkunft ist die Fangmethode ein wichtiges Kriterium. Verschiedene Geräte wirken sich unterschiedlich auf die Bestände, den Meeresboden und die anderen Tiere im Ökosystem aus. Besonders schädlich sind häufig Grundschleppnetze, da sie viel Beifang haben und den Meeresboden zerstören. Trotzdem werden sie vielerorts sogar noch in Meeresschutzgebieten eingesetzt.
Weitere Informationen
Die Liste sowie die zugrundeliegenden Kriterien sind hier zu finden.