Vorsorgevollmacht: Warum sie so wichtig ist

Stand:
Viele Menschen glauben, dass nahe Angehörige wie Ehepartner:innen oder Kinder im Notfall einfach für sie entscheiden können. Das stimmt nicht. Angehörige von Volljährigen dürfen das nur, wenn sie ausdrücklich dazu bevollmächtigt wurden. Unabhängig vom Alter ist es daher für jede Person zu empfehlen, sich über die Vorsorge Gedanken zu machen.
Ein älterer Mann und sein Sohn sehen gemeinsam Unterlagen durch.

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Was ist eine Vorsorgevollmacht?

Mit einer Vorsorgevollmacht treffen Sie Vorkehrungen für den Fall, dass Sie nicht mehr in der Lage sind, Ihre rechtlichen Angelegenheiten selbst zu regeln. Dieser Fall kann eintreten, wenn Sie zum Beispiel einen Unfall mit schweren gesundheitlichen Folgen haben. Typischerweise werden in Vorsorgevollmachten zum Beispiel folgende Lebensbereiche geregelt:

  • die Gesundheitssorge
  • die Aufenthaltsbestimmung
  • die Behördenvertretung, Vertretung gegenüber Versicherungen
Abgrenzung zur Patientenverfügung und Betreuungsverfügung

Die Vorsorgevollmacht bezieht sich auf die umfassende rechtliche Vertretung in vielen Lebensbereichen, während die Patientenverfügung ausschließlich medizinische Wünsche für den Fall einer Entscheidungsunfähigkeit regelt. Ausführliche Informationen zur Patientenverfügung finden Sie hier.

Ohne Vollmacht wird im Notfall, ein:e Betreuer:in bestellt. Beispiel: Emil hat auf dem Nachhauseweg einen Unfall und fällt ins Koma. Er wird ins Krankenhaus eingeliefert. Eine Vollmacht hat Emil nicht. Der Arzt beantragt beim Betreuungsgericht die Bestellung eines Betreuers.

Dies können Sie durch eine Vorsorgevollmacht vermeiden. Beschränkt sich die Vorsorgevollmacht auf bestimmte Bereiche, muss für die übrigen Bereiche gegebenenfalls ein:e Betreuer:in bestellt werden. Sie sollten sich gut überlegen, ob Sie die bevollmächtigte Person von bestimmten Bereichen der Vollmacht ausschließen wollen. Im Artikel zur Betreuungsverfügung finden Sie weitere Informationen.

Wann wird die Vollmacht wirksam?

Grundsätzlich wird eine Vorsorgevollmacht wirksam, sobald Sie diese ausgestellt und unterschrieben haben. Wollen Sie jetzt Regelungen über die Wirksamkeit der Vollmacht treffen, sollten Sie dies aber nicht in der Urkunde selber tun. Denn für jede Beschränkung, die in dieser Urkunde enthalten ist, muss die Person, die die Urkunde liest, prüfen, ob die vorgegebene Beschränkung gegeben ist. Daher sollten solche Bedingungen nur im Innenverhältnis gegenüber dem Bevollmächtigten geregelt werden. Dann bleibt die Vollmacht nach außen gegenüber Dritten immer eindeutig.

Beispiel: Helmut ist von Erika mit einer umfassenden Vollmacht bevollmächtigt worden. In die Urkunde hat Erika folgende Einschränkung aufgenommen: „Die Vollmacht soll erst gelten, wenn ich durch Unfall, Behinderung oder...nicht mehr in der Lage bin, meine Angelegenheiten selber zu regeln...“. Helmut möchte für Erika das Auto verkaufen. Ein Käufer ist schnell gefunden, das Autohaus „BUY a Car“ möchte das Auto kaufen. Helmut legt bei dem Käufer „BUY a Car“ die Vollmacht vor. Als der Autokäufer die Einschränkung der Wirksamkeit liest, schaut er Helmut an und fragt ihn, ob er nachweisen kann, dass Erika nicht in der Lage ist, ihre Angelegenheit selber zu regeln. Ohne diesen Nachweis ist die Vollmacht unwirksam. Dies führt zu einem Mehraufwand und kann zur Zeitverzögerung führen.

Hinweis zum Innenverhältnis

Im Innenverhältnis können Vereinbarungen zwischen Vollmachtgeber:in und Bevollmächtigten getroffen werden. Sie können hier also die rechtlichen Beziehungen zwischen Ihnen und der bevollmächtigten Person regeln. In diesem gesonderten Dokument, können Sie auch schriftlich festlegen, dass die Vollmacht erst gilt, wenn Sie selber nicht mehr entscheiden können. Dies muss in der Regel durch ein ärztliches Attest nachgewiesen werden. Wenn sich die bevollmächtigte Person nicht an die Bedingungen hält, haftet sie Ihnen oder Ihren Erben gegenüber.

Folgende Punkte können Sie im Innenverhältnis regeln:

  • Haftungsbeschränkung auf grobe Fahrlässigkeit
  • Umfang der Rechenschaftspflicht gegenüber Ihnen oder Ihren Erben
  • Regelungen zur Zahlung von Entgelten und Aufwendungen
  • Abschluss einer Haftpflichtversicherung auf Ihre Kosten.

Wer kann bevollmächtigt werden?

Sie wählen die Person aus, die als bevollmächtigte Person handeln soll. In der Regel handelt es sich um Angehörige oder vertraute Personen, es können jedoch auch Personen sein, die nicht in einem verwandtschaftlichen Verhältnis zu Ihnen stehen.

Wählen Sie eine Person aus, der Sie voll vertrauen. Denn die bevollmächtigte Person hat weitreichende Befugnisse. Die Entscheidungen der bevollmächtigten Person werden meist nicht überprüft, sodass Missbrauch möglich ist. Außerdem muss die bevollmächtigte Person mindestens beschränkt geschäftsfähig sein.

Besprechend Sie mit Ihrem:Ihrer Bevollmächtigten die Inhalte der Vollmacht. Teilen Sie mit, welche Wünsche Sie in Bezug auf gesundheitliche oder vermögensrechtliche Entscheidungen haben.

Kann man auch mehrere Personen bevollmächtigen?

Sie können auch mehrere Personen bevollmächtigen. Das geht zum Beispiel, indem Sie Aufgaben verteilen. 

Beispiel: Frau Meier überträgt ihrer Tochter Kerstin die Vermögenssorge und ihrem Sohn Peter die Vollmacht für Gesundheits- und Aufenthalts-fragen.

Wenn Sie mehrere Personen bevollmächtigten, sollte für jede eine eigene Vollmacht erstellt werden. Sobald Sie die Aufgabenbereiche auf mehrere Personen verteilen wollen, sollten Sie sich vorher beraten lassen.

Form der Vorsorgevollmacht

Eine Vollmacht sollte schriftlich abgefasst werden. Sie können diese handschriftlich, mit Schreibmaschine oder mit Computer erstellen.

Hilfen bei der Erstellung

Sie können Ihre individuelle Vorsorgevollmacht mit dem Online-Tool „Selbstbestimmt - die Online-Vorsorgevollmacht der Verbraucherzentralen“ erstellen. Dieser Online-Service ist kostenfrei erreichbar. Hier können Sie interaktiv und Schritt für Schritt eine Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung sowie Betreuungsverfügung zusammenstellen. Erklärtexte und Hinweise helfen dabei, die Tragweite der eigenen Entscheidung zu verstehen. Am Ende erhält man individualisierte Vorsorgedokumente. Damit die Dokumente allerdings Wirksamkeit entfalten, müssen diese ausgedruckt und unterschrieben werden.

Sie können bei der Erstellung Mustervordrucke verwenden (Muster des Bundesministeriums der Justiz, Musterformulare aus dem Ratgeber „Betreuungsrecht - mit ausführlichen Informationen zur Vorsorgevollmacht" oder dem „Vorsorge-Handbuch" der Verbraucherzentralen).

Besondere Vorsorgevollmachten

Für besondere Fälle hat der Gesetzgeber Vorgaben gemacht, an die Sie sich halten müssen. So muss die Vollmacht für die Gesundheitssorge bei schwerwiegenden medizinischen Ein-griffen oder bei Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen eine bestimmte Formulierung enthalten. Außerdem ist auch für freiheitsbeschränkenden und freiheitsentziehenden Maßnahmen sowie bei ärztlichen Zwangsmaßnahmen eine vorgegebene Formulierung zu beachten. Nur wenn diese eingehalten sind, ist die Vollmacht wirksam. Eine Generalvollmacht reicht nicht.

Eine Besonderheit ergibt sich auch bei Bankvollmachten. Manche Banken akzeptieren die gängigen Musterformulare nicht. Deshalb sollten Sie mit der bevollmächtigten Person eine gesonderte Bankvollmacht direkt bei der Bank erstellen.

Beglaubigung: Wann ist sie erforderlich?

Beglaubigung bedeutet, dass eine offizielle Stelle die Echtheit der Unterschrift bestätigt. Eine Prüfung des Inhalts findet nicht statt! Sie können die Beglaubigung zum Beispiel bei der Betreuungsbehörde vornehmen lasse. Dafür wird eine Gebühr von 10,00 Euro erhoben. Eine Beglaubigung ist zwar generell nicht erforderlich. Laut Gesetz wird sie aber gefordert, wenn sich die Vollmacht auch auf Grundstücksgeschäfte beziehen soll. Auch hier reicht eine Beglaubigung durch die Betreuungsbehörde aus – dies wurde durch den BGH bestätigt. Für die Erbausschlagung ist ebenfalls eine Beglaubigung erforderlich, auch hier reicht eine öffentlich beglaubigte Vollmacht. Diese muss entweder der Erklärung zur Ausschlagung beigefügt oder innerhalb der Ausschlagungsfrist nachgereicht werden.

Beurkundung: Wann ist sie erforderlich?

Bei der Beurkundung wird dagegen auch der Inhalt besprochen. Dafür müssen Sie einen Notar aufsuchen. Eine notarielle Beurkundung ist erforderlich, wenn die Vollmacht Darlehensverträge betrifft oder Unternehmensanteile involviert sind. Sie ist zudem ratsam, wenn die Vollmacht Grundstücksgeschäfte umfasst, größere Vermögenswerte betroffen sind. Eine Beurkundung empfiehlt sich bei Zweifeln an der Geschäftsfähigkeit, da Notar:innen die Geschäftsfähigkeit prüfen.

In welchen Fällen muss das Betreuungsgericht zustimmen?

Manchmal wird - für die Bevollmächtigten überraschend - trotz Vollmacht das Betreuungsgericht einschaltet. Dies entspricht der gesetzlichen Regelung. In einigen Fällen sieht das Gesetz nämlich trotz einer wirksamen Vollmacht zwingend eine Zustimmung des Betreuungsgerichts vor.

  • schwerwiegende medizinische Eingriffe bzw. den Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen wenn kein Einvernehmen zwischen behandelnden Ärzten und Bevollmächtigten besteht
  • freiheitsbeschränkende oder -entziehende Maßnahmen
  • ärztliche Zwangsmaßnahmen

Das Gericht muss in diesen einschneidenden Fällen im Sinne eines "Vier-Augen-Prinzips" der Maßnahme im Einzelfall zustimmen. Auf die gerichtliche Genehmigung bei freiheitsbeschränkenden Maßnahmen kann in der Vollmacht nicht bereits vorsorglich verzichtet werden.

Änderung und Widerruf

Die Vorsorgevollmacht können Sie jederzeit ändern oder widerrufen. Hierfür haben Sie die Möglichkeit, das Original der ursprünglichen Vollmacht anzupassen. Wenn Sie jedoch eine neue Vorsorgevollmacht erstellen, sollte die alte Vollmacht vernichtet werden. Es ist wichtig, dass Sie in jedem Fall alle früher hinterlegten Kopien der alten Vollmacht durch die Kopien der neuen Vollmacht ersetzen. Falls Sie jemanden eine solche Vollmacht übergeben haben, holen Sie sich diese zurück.

Wie lange gilt die Vorsorgevollmacht?

Die Vollmacht erlischt mit dem Tod, soweit in der Vollmacht nicht ausdrücklich etwas anderes geregelt ist. Es ist sehr sinnvoll, wenn Sie in der Vollmacht regeln, dass sie über den Tod hinaus gelten soll. Damit bleibt der Bevollmächtigte auch nach dem Tod des Verfügenden handlungsfähig, solange die Erben die Vollmacht nicht widerrufen.

Tipps für die Aufbewahrung der Vollmacht

Die Vollmacht ist nur wirksam, wenn sie vom Bevollmächtigten im Original vorgelegt wird. Verwahren sie die Vollmacht also so, dass sie leicht gefunden werden kann. Es sind ver-schiedene Möglichkeiten der Aufbewahrung denkbar:

  • Vollmacht direkt der bevollmächtigten Person aushändigen
  • Vollmacht zuhause so aufbewahren, dass die bevollmächtigte Person sie leicht findet (Beispiel: Vorsorgeordner)
  • Übergabe an eine andere Vertrauensperson
  • beim Notar hinterlegen

Zusätzlich ist es ratsam, ein Hinweiskärtchen zu den Dokumenten bei sich zu tragen. So wissen die behandelnden Ärzte im Notfall, an wen sie sich wenden müssen.

In einigen Bundesländern können Sie entsprechende Vorsorgekärtchen erhalten. Erkundigen Sie sich vor Ort bei Ihrer Verbraucherzentrale.

Sohn und Mutter umarmen sich

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