Das Wichtigste in Kürze:
- Der Begriff "Weidemilch" ist rechtlich nicht geschützt.
- Bei Weidemilch aus dem Supermarkt wird mit unterschiedlichen Kriterien geworben.
- Die Mindestvorgabe, an der sich viele Milcherzeuger:innen orientieren: Die Kühe stehen an mindestens 120 Tagen im Jahr für mindestens 6 Stunden auf der Weide.
- Bio-Milch muss keine Weidemilch sein.
Wie lange müssen Milchkühe auf der Weide stehen?
Bei "Weidemilch" denken viele an Milchkühe, die viel Zeit auf der Weide verbringen und Grünfutter fressen. Auf etlichen Verpackungen sind Bilder von grasenden Kühen zu sehen. Es gibt in Deutschland aber eine große Zahl von Milchkühen, die ausschließlich im Stall gehalten werden. Allerdings werden etwa 87 Prozent der Milchkühe in Laufställen gehalten. Rund 30 Prozent der deutschen Milchkühe haben ungefähr sechs Monate Weidegang.
Der Begriff "Weidemilch" auf der Verpackung einer Trinkmilch ist aber lebensmittelrechtlich weder definiert noch geschützt. In Deutschland gibt es keine gesetzlichen Vorgaben, wie lange Kühe auf der Weide sein sollen, damit die Milch diese Bezeichnung tragen darf.
Das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg hat am 7. Februar 2017 entschieden, dass die Bezeichnung "Weidemilch" dann nicht irreführend ist, wenn die Kühe an 120 Tagen im Jahr für mindestens 6 Stunden auf der Weide stehen. Das heißt: Nach der "120/6"-Regelung würden die Milchkühe im ungünstigsten Fall an den restlichen 245 Tagen im Jahr nicht auf der Weide stehen. Die Milch wird aber das ganze Jahr über als Weidemilch verkauft.
PRO WEIDELAND Label
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Das freiwillige PRO WEIDELAND Label wird seit 2017 durch die PRO WEIDELAND Weidecharta GmbH verwaltet und vergeben. |
Kriterien für die Erzeugung von Weidemilch
- Pro Kuh ist eine Grünfläche von mindestens 2.000 Quadratmetern (davon mindestens 1.000 Quadratmeter Weidefläche) erforderlich.
- Die Kühe müssen sich ganzjährig frei bewegen können, Anbindehaltung ist ausgeschlossen.
- Es darf nur gentechnikfreies Futter gegeben werden.
- Die Einhaltung der Kriterien wird regelmäßig kontrolliert:
- jährliche Dokumentenkontrolle (Betriebsbogen, Weidekalender und Parzellenplanung) der PRO WEIDELAND Betriebe durch die Molkerei
- alle drei Jahre Prüfung der Betriebe durch eine externe, zertifizierte und unabhängige Kontrollstelle
- die beteiligten Molkereien werden jährlich kontrolliert, ob die Weidemilch 100 Prozent von anderer Milch getrennt wird
- Bei Verstößen gegen die Vorgaben von PRO WEIDELAND können Sanktionen folgen: Korrekturmaßnahmen bis zum Ausschluss aus dem Programm.
Was unterscheidet Weidemilch von Bio-Milch?
In der EU-Öko-Verordnung ist lediglich vorgeschrieben, dass "die Tiere ständigen Zugang zu Freigelände, vorzugsweise zu Weideland" haben müssen. Aber ein Freigelände, zum Beispiel ein Auslauf, muss nicht unbedingt eine Weide sein. Die meisten deutschen Bio-Anbauverbände, wie etwa Bioland, Naturland, Demeter, Biokreis, Gäa und Verbund Ökohöfe, haben für die Weidehaltung strengere Regelungen: Sie fordern Weidegang während der Weideperiode. Allerdings werden Ausnahmen gewährt, etwa für "Altbetriebe" oder Betriebe in Innerortslagen.
Was steht auf den Milchverpackungen?
Im Supermarkt finden Verbraucher:innen Weidemilch mit unterschiedlichen Kriterien, die auf der Verpackung mehr oder weniger gut beschrieben werden. Die Hersteller geben auf ihren Verpackungen meist die Dauer der Weidehaltung an, zum Beispiel die Mindestanzahl an Weidetagen pro Jahr und die Mindestweidedauer pro Tag.
Unklar bleibt oft, wie die Haltungsbedingungen der Kühe an den restlichen Tagen im Jahr aussehen. Üblicherweise und je nach Witterung werden die Milchkühe nicht nur im Winter im Stall gehalten. Unklar bleibt auch, was zusätzlich zum Gras von der Weide gefüttert wird, wie Kraftfutter (Mischfutter mit besonders hohem Eiweiß- und Energiegehalt) oder Silage (konserviertes Grünfutter).
Auf vielen Weidemilch-Verpackungen sind zusätzliche Siegel zu finden, wie beispielsweise das Tierschutzlabel "Für mehr Tierschutz" in der Premiumstufe (mit 2 Sternen) und das "ohne Gentechnik"-Siegel. Das Tierschutzlabel "Für mehr Tierschutz" mit 2 Sternen schreibt ebenfalls Weidegang innerhalb der Vegetationsperiode für mindestens 6 Stunden täglich vor.
Die "Haltungsform"-Kennzeichnung setzt in Stufe 4, Premium, einen ganzjährig nutzbaren Laufhof und ebenfalls Weidegang an mindestens 120 Tagen und sechs Stunden voraus.
Worauf kann ich als Verbraucher:in achten?
Wählen Sie Weidemilchprodukte mit einem verlässlichen Siegel, etwa PRO Weideland, oder einem Bio-Siegel.
- Als "Weidemilch" ausgelobte Milch ist meist teurer, als Milch ohne "Weide" – Kennzeichnung.
- Auch bei Bio-Milch der deutschen Anbauverbände haben die Kühe oft Weidegang. Außerdem steht die Bio-Landwirtschaft für eine insgesamt artgerechtere Tierhaltung.
- Bei Weidemilch mit dem Label PRO WEIDELAND sind die Kriterien für Verbraucher:innen verständlich erklärt.
- Das Tierschutzlabel "Für mehr Tierschutz" in der Premiumstufe schreibt ebenfalls Weidegang vor.
- Für weitere Informationen nutzen Sie die Homepage der jeweiligen Anbieter.
Quellen:
Bundesinformationszentrum Landwirtschaft: Haltungsformen für Milchkühe, 15.November 2023.
OLG Nürnberg, Endurteil vom 07.02.2017 – 3 U 1537/16, zu Irreführung bei Begriff "Weidemilch".
PRO WEIDELAND Deutsche Weidecharta GmbH: PRO WEIDELAND, eingesehen am 01.03.2024.
PRO WEIDELAND Deutsche Weidecharta GmbH: Rahmenbedingungen und Kriterien für die Erzeugung und Vermarktung von Weideprodukten unter PRO WEIDELAND, Version 5, gültig ab 15.06.2023.
Verordnung (EU) 2018/848 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 des Rates vom 30.Mai 2018.
Diese Information ist im Rahmen eines vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft geförderten Ernährungsprojekts entstanden.